Bericht Wettkampf

Schwäbisches Tagblatt: Vom Hardmoves Wettbewerb im B12

Schwäbisches Tagblatt vom 23. Februar 2016

 

Im Boulderwettkampf Hardmoves verlor das B 12 sportlich aber gewann an Image

 

Wolfgang Albers

 

Eine Wand, ein reingeschraubtes Teil – und damit eine Route: Das ist Bouldern im HighEnd-Bereich. Geht so: Von zwei Minitritten muss man hochspringen, einer Art halben Ball entgegen. Die Hände müssen ihn oben so erwischen, dass sie den Schwung auspendeln und den Körper halten können. So, jetzt hängt man erst mal da.
Nächste Übung: einen Fuß so hochbekommen, dass er neben einer Hand aufsetzt. Bequemer wird die ganze Sache übrigens dadurch nicht. Jetzt mit Händeziehen und Fußdrücken versuchen, die Körpermitte hochzuwuchten. Das wird so wacklig wie es klingt. Aber der Spaß ist noch nicht zu Ende: Jetzt muss auch der andere Fuß auf die Halbkugel, dann schön laaaangsam aufrichten - und wer immer noch nicht abgeflogen ist und sich ganz durchstrecken kann, erreicht den ersten Halt: Die Oberkante der Wand. Geschafft!

 

Und einen von 40 Punkten eingesackt. Denn genau so viele nette Probleme, wie es in der Boulderersprache heißt, warteten am Samstag auf vier Mannschaften. Gut, das waren jetzt auch keine Anfänger: Was einen Namen in der Kletterwelt hat wie etwa Adam Ondra, der Messi der Vertikalen, oder Deutschlands Jungstar Alexander Megos, macht mit. In Tübingen war zum Beispiel Sebastian Halenke, dreifacher Jugend-Weltmeister, am Start.

 

Der Vergleich stimmt nicht – sympathischerweise –, wenn man an die abgehobene, abgeschottete Fußball-Welt denkt. Die Hardmoves starten dagegen sozusagen im Breitensport: in der Vorrunde kann jeder mitmachen. Europaweit haben 7000
Teilnehmer in über 50 Hallen aus sechs Ländern versucht, sich für das Hallenteam der Besten (14 Männer, sieben Frauen) zu qualifizieren. Im Tübinger B 12 war die lokale Kletterelite so erfolgreich, dass es im Ranking für die Endrunde gereicht hat. Da musste sich das B 12 Team mit den Hallenmannschaften aus Ulm, Stuttgart und Winterthur messen. Es lockte das Finale in Wuppertal, in der Schwimmoper, wo die Finalisten mit Booten an die Wand gefahren werden - angefeuert von 1600 Zuschauern. Die es nicht schaffen, fliegen ins Wasser. Wer jetzt Lust aufs Zugucken bekommen hat – vergiss es: Die Karten waren nach acht Minuten ausverkauft. Tja, Bouldern boomt.

 

Einzige Chance für die Tübinger (neben Public Viewing, das neben der Schwimmoper aufgebaut wird) also: Sich sportlich zu qualifizieren. Die Tübinger hatten dafür ein starkes Team: Die einstige Vizemeisterin Ines Bischoff war darin, aber auch so
erfolgreiche Jugendkletterer wie Paul Greiner. Und nicht zu vergessen Benni Kästle, einer der stärksten Boulderer Tübingens, der dann auch 38 der 40 Boulder schaffte in der fünfstündigen Wettkampfzeit - genauso viele, wie Sebastian Halenke am Ende auf dem Zettel hatte.

Der war für Ulm gestartet, dasTeam, das auch den einzigen Kletterer dabei hatte, der alle 40 Boulder schaffte: Martin Philipp. Dennoch: Die Addition des Teams zählt, und da waren die Tübinger mit 525 Punkten um einen Punkt besser.
Klar war aber auch, dass Platz eins von vorneherein vergeben war, an das Team von Winterthur. Das war in Wirklichkeit nämlich mehr eine Schweizer Nationalmannschaft, das halt unter Flagge der einzigen Schweizer Boulderhalle angetreten
war – und so locker 629 Durchstiege einsackte (im Schnitt also fast 30 pro Person). Unter den ersten 20 waren gleich acht Schweizer.
Blieben noch die Stuttgarter. Auch ein starkes Team, unter anderem mit den Bosler-Brüdern, die für gut genug befunden worden waren, beim Ball des Sports Speed-Klettern vorzuführen. Auch wenn der Live-Monitor lange eine Tübinger Führung
anzeigte – am Ende hatten die Stuttgarter mit 595 Durchstiegen das Wuppertaler Ticket gelöst.

 

Das B 12 hat also verloren? Sportlich wohl, vom Image aber war die Veranstaltung, bei der – nochmal so im Gegensatz zum Fußball – jeder umsonst zuschauen konnte und die Stars aus nächster Nähe in Aktion sah, ein Gewinn für das B 12.
So sieht es jedenfalls Betriebsleiter Manfred Aberle, obwohl er zwei Tage Einnahmeausfall hatte und die Kosten für die Boulderschrauber: Da mussten schon Top-Leute ran wie Thomas Tauporn, der schon Vizeweltmeister war (und übrigens
Neu-Tübinger ist). Nur für einen Kaffee machen die das ja auch nicht.
„Da musst du dich entscheiden: Willst du das oder nicht“, sagt Manfred Aberle. Für ihn war klar: „Ich möchte, das unsere Halle wahrgenommen wird, gerade auch im Top-Bereich. Und ich möchte die eigene Szene pushen. Und für das B 12 ist das auch eine Riesenwerbung.“

 

Bilder: Sebastian Frey