Büchereinewsletter

22.03.2021

Was ist neu? Teil 2

Hugo von Hoffmannsthal schrieb einmal „Ich habe gehört, dass in den Gefangenenhäusern keines von den erlaubten Büchern so sehnlich verlangt wird als eine Landkarte. Seine Finger auf einer Landkarte wandern zu lassen, das ist der spannendste Abenteuerroman: Alle seine Abenteuer sind unbestimmt und alle Möglichkeiten sind offengelassen“. In Zeiten des Lock-down und der Quarantäneregeln bei grenzüberschreitenden Reisen mag es manchen Bergbegeisterten auch so gehen. Ich möchte vorstellen, was wir Euch an Landkarten bieten können.

 

Schweiz

Für Liebhaber genauer und optisch schöner Karten ist die Schweiz das gelobte Land. 1991 erklärte die 14. Internationale Konferenz für Kartographie in Bournemouth „die Landeskarte Blatt Vierwaldstättersee im Maßstab 1:50.000 ist die beste topographische Karte der Welt“. Die eidgenössische Kartographie blickt auf eine lange Tradition zurück (dazu „Pioniere der Alpentopographie – Die Geschichte der Schweizer Kartenkunst“, 2003). Über viele Jahrzehnte war Eduard Imhof prägend. Man merkt den Karten an, dass neben dem wissenschaftlichen auch ein künstlerischer Anspruch besteht. Ich habe in meinem Bücherschrank von Imhof „Gelände und Karte“ (1968), eine ihm gewidmete Festschrift zum 90. Geburtstag (1985) mit wunderschönen Bergaquarellen von seiner Hand (Buchumschlag: Pigne d’Arolla) und „Die großen kalten Berge von Szetschuan“ (1974) (bei Interesse leihe ich die genannten Bücher gerne aus).

 

Ein schöpferisches Lebenswerk

 

Auch nachfolgende Karte des Aletschgebiets stammt von Eduard Imhof (Federzeichnung und Aquarell). Vergleicht man sie mit einer herkömmlichen Landkarte, fällt auf, dass die Beleuchtung von Südosten und nicht wie bei Landkarten üblich von Nordwesten kommt. Dadurch wirken die weiten Firngebiete im Einzugsbereich des Aletschgletschers hell besonnt und die Nordwände vom Großhorn bis zum Eiger kalt und dunkel.

 

Karte

 

Die Schweizer Landestopographie arbeitet seit Ende der 1990-Jahre nicht mehr mit Glasgravur-Platten, sondern hat auf digitale Bearbeitung umgestellt. Aber die Felszeichnungen werden nach wie vor manuell bearbeitet. Einen informativen Bericht zur Umstellung auf die digitale Datenbasis findet ihr bei https://www.swisstopo.admin.ch/de/wissen-fakten/karten-und-mehr/neue-landeskarte.html.

 

Die unterschiedlichen Kartentypen möchte ich an einem Ausschnitt der Churfirsten (Walenseeregion) vorstellen. Für die meisten Wanderungen und Skitouren sind die Landeskarten 1:50.000 hinreichend. Leider gibt es keine Ausgabe, in der sowohl Wanderwege als auch Skirouten eingezeichnet sind. Die Wanderkarten im Maßstab 1:33.000 sind eine Vergrößerung der 1:50.000 Karten und bringen keine zusätzlichen Informationen. Für manche Tourengebiete sind sie im Blattschnitt günstiger. Für unmarkierte Routen und Touren abseits von Wegen sind die 1:25.000 Karten unübertroffen (die gibt es allerdings nur ohne Kennzeichnung von Wanderwegen/Skirouten).

 

Swisstopo Wanderkarte 1:50.000, © swisstopo

Swisstopo Wanderkarte 1:50.000, © swisstopo

 

Swisstopo Wanderkarte 1:33.333 © swisstopo

Swisstopo Wanderkarte 1:33.333 © swisstopo

 

Swisstopo 1:25.000 © swisstopo

Swisstopo 1:25.000 © swisstopo

 

Von Kümmerly + Frey gibt es Wanderkarten im Maßstab 1: 60.000 und 1: 40.000. Bei diesen Maßstäben fällt die Entfernungsschätzung schwer (bei 1:60.000 bedeutet 1 cm auf der Karte 1,7 km in der Natur). Auch ist die Detailgenauigkeit bei den swisstopo-Karten größer.

 

Kümmerly + Frey 1:60.000

Kümmerly + Frey 1:60.000

 

Der alpine Bereich und der Schweizer Jura ist in unserer Kartensammlung sowohl im Maßstab 1:25.000 als auch als Ski- und Wanderkarte sowie Kümmerly + Frey komplett vorhanden.

 

Wer für Planungen die ganze Schweiz auf dem Tisch ausbreiten möchte, sollte die „Generalkarte 1:300.000“ anschaffen. Sie ist eine Verkleinerung der Landeskarte 1:200.00 und zeigt die Bergstrukturen viel besser als eine der üblichen Schweiz-Karten. Von Kümmerly + Frey haben wir eine Karte im Maßstab 1: 301.000. Topographisch mit weitaus weniger Details, aber mit Wanderrouten.

 

Die swisstopo-Karte 1:300.000, © swisstopo

Die swisstopo-Karte 1:300.000, © swisstopo

 

Kümmerly + Frey 1:301.000

Kümmerly + Frey 1:301.000

 

Die Qualität von swisstopo hat ihren Preis: Die 1:25.000- Karten und die 1:33.333-Wanderkarten kosten im Buchhandel derzeit 11,50 €, die Wanderkarten 18,90 €-und die Skitourenkarten 20,90 €. Wir haben in der AV-Bücherei aber keine „Schweizer Preise“, ihr bekommt jede Karte für 0,50 € Leihgebühr.

 

Kostenlos ist das Internetangebot der Schweizer Landestopographie https://map.geo.admin.ch , welches keine Wünsche offenlässt. Man kann sich z.B. Wanderwege, Skirouten, Schneeschuhtouren und Hangneigung anzeigen lassen. Die Wanderrouten sind nach Schwierigkeitseinstufung gelb, rot oder blau gekennzeichnet (die dünne blaue Route von der Salbithütte zum Salbitschienbiwak ist eine schwierige Wanderroute, die dickere zum Rohrspitzli eine Skiroute). Die Kartenausschnitte können auch ausgedruckt werden.

 

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Nützlich ist bei Wintertouren, auch wenn man eine Papierkarte hat, im Internet einen Blick auf die aktuell geltenden Wildschutzzonen zu werfen – ein Verstoß gegen das Betretungsverbot kann teuer kommen“!

 

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Im Sommer kann es hilfreich sein, sich anzeigen zu lassen, wo Herdenschutzhunde eingesetzt werden (es gibt auch Tipps zum Verhalten), ansonsten könnte es z.B. bei MTB-Touren zu unliebsamen Begegnungen kommen.

 

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Spannend ist es, mit dem Häkchen „Zeitreise“ Karten vergangener Zeiten aufzurufen, da sieht man die volle Dramatik des Gletscherrückgangs. Das Restaurant „Bäregg“ (im Kartenmittelpunkt) war 1891 direkt am Gletscher, heute ist von diesem weit und breit nichts zu sehen:

 

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1891 reichte der Untere Grindelwaldgletscher fast bis auf eine Höhe von 1000 m

 

Karte Gletscher

Der unter dem Schutt verborgene Untere Grindelwaldgletscher 2018

 

 

(Fortsetzung folgt)

Dietrich Kratsch

 

Hier geht es zum ersten Teil des Büchereinewsletters.